1487
1942 und 1949 veröffentlichte H. C. Lohmann eine zweiteilige "Übersetzung" einer Urkunde aus dem Bayrischen Hauptstaatsarchiv:
"Die Auftragung der Untersassen des Herzogtums Berg, die Anno 1487 ihrem Herzog Wilhelm II. ein Darlehen gaben".
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Diese Urkunde listet alle Personen mit ihren Beiträgen zu dieser (vermutlich erzwungenen) Anleihe auf,
unter anderen auch den "jonge schroeder van deyssmyss", den jungen Schröder von Deesem.
Er muß relativ vermögend gewesen sein, denn von 81 Gulden, die von 17 Personen aufgebracht werden, steuert allein er "5 enckelgulden" bei.
Bei aktuellen Recherchen zu dieser Urkunde, die laut Lohmann im Bayrischen Hauptstaatsarchiv liegen soll,
stellte sich heraus, daß diese Urkunde dort seit 1954 vermißt wird.
Vermutlich ist sie bei Auslagerungen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges verlorengegangen. Zuletzt benutzt wurde sie
nachweislich um 1940 herum,
also wohl von Lohmann selbst, dem eine Fotokopie des Originals zur Verfügung gestellt worden sein muß.
Nachdem der Verlust seinerzeit
im Bayrischen Hauptstaatsarchiv bemerkt worden war, wurde von der in Düsseldorf vorhandenen Vorkriegsfotokopie
eine erneute Ablichtung für das Bayerische Hauptstaatsarchiv erstellt (Auskunft des Bayrischen Hauptstaatsarchivs).
Das Archiv stellte mir eine Kopie dieser Urkunde zur Verfügung.
Bei Durchsicht dieser Urkunde (bzw. der Kopie der Kopie)
wurde deutlich, daß Lohmann den Ortsnamen wahrscheinlich falsch wiedergegeben hat: in seinem Artikel schreibt er "deyss myss",
tatsächlich handelt es sich um ein einzelnes Wort: "deyssmyss".
Damit ist auch die Herleitung des Ortsnamens, die W. Pape vorgeschlagen hat, hinfällig. In einem Beitrag zur 500-Jahr-Feier des Dorfes
listet er die verschiedenen Schreibweisen des Dorfnamens auf und schliesst daraus, dass in der bis dato ältesten bekannten
Urkunde, nämlich der von 1487, Deesem ursprünglich ein Zweiwortname ist, daß somit "deyss myss"
auf den Eigennamen Matthias zurückzuführen sei.
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"deyss" oder "Deiß" sei eine altertümliche rheinische Kurzform des Namens Matthias, und "myss" bezeichne ein Stück Land
und leite sich her vom lateinischen "mansus".
(Die noch ältere Urkunde von 1300 mit der Schreibweise "disimize" war W. Pape noch
nicht bekannt, als er seinen Artikel verfasste.)
Diese Hypothese muss als überholt angesehen werden, zum einen, weil die Schreibweise "deyss myss" offensichtlich
auf einen Übertragungsfehler von Lohmann zurückzuführen ist und
in der Urkunde tatsächlich in einem Wort geschrieben ist, was somit auch wieder zu den späteren Schreibweisen
passt, zum zweiten aber insbesondere deswegen, weil in der noch älteren Urkunde von 1300
die Bezeichnung "disimize" lautet.
In den nächsten Jahrhunderten taucht Deesem unter verschiedenen Schreibweisen
an verschiedenen Stellen auf, in Kirchenbüchern, Bruderschaftsbüchern, Mitgliederverzeichnissen von
Schützenvereinen, Landkarten usw. Es heißt dann "theißen", "deißmes", "deismes", deismas", "diesem", "diessem", "disum".
Die Schreibweise Deesem ist erst seit Beginn des neunzehnten Jahrhunderts durchweg gebräuchlich.
Auf eine Abbildung der Urkunde hier wurde aus Kostengründen verzichtet.
Die Scans dieser Kopien können bei GS eingesehen werden.
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